Ungewohnt früh erreichte uns am 01. Februar die Meldung, dass die Amphibiensaison 2016 bereits begonnen hat. Erste Kröten wurden gesichtet. Die kommenden Tage versprachen hektisch zu werden.
Seit gut 6 Jahren betreut unser Geschäftsführer Matthias David die Amphibienzäune in Geldern. Entstanden ist dieses Engagement schon bevor es den NuK gab und beschränkte sich vorerst auf die Boeckelt im Geldrischen Norden. Aufgrund der hohen Anzahl toter Amphibien auf der Kreisstraße (neue K40) am Holländer See, intervenierte David vor 4 Jahren beim Kreis Kleve mit einer Dokumentation der Tiere. So wurden von ihm fast 500 Tiere gezählt, die sichtbar durch Fahrzeuge zu Tode kamen. Zählt man jene hinzu, die verwirbelt wurden und jene, die an den Spätfolgen zugrunde gehen, ist man schnell nahe der Vierstelligkeit.
Der Kreis reagierte umgehend und im Rahmen seiner Möglichkeiten. Die Zusammenarbeit war produktiv und von Austausch geprägt. Dennoch stand immer nur so viel Zaun-Material zur Verfügung, um allenfalls eine Straßenseite der Wanderwege zu schützen. Der Leitzaun wurde erst für die Hinwanderung auf der westlichen Straßenseite genutzt und auf Zuruf beim Beginn der Rückwanderung auf die andere Seite (seeseitig) umgesetzt. Somit waren gegenläufige und/oder zeitversetzte Wanderungen ungeschützt. Ein Dilemma, das dem Helferteam nur schwer zu vermitteln war. Wozu schütze ich die Tiere auf dem Hinweg, wenn der Rückweg weiterhin größte Gefahr bedeutet?! Im letzten Jahr wurde mit dem Kreis eine Lösung gefunden. Ja, man würde nun – angesichts der hohen Individuenanzahl von Kröte, Frosch und Molch, die wir in den vergangenen Jahren dort geschützt hatten – die erhoffte Unterstützung gewähren. Der NuK erhielt den Auftrag sich über die Kosten kundig zu machen.
Gefordert, getan! Eine Anfrage wurde an einen renommierten Hersteller für Amphibienzäune gestellt. Die Antwort hat uns jedoch den Atem geraubt. Über 12.000 Euro sollte es kosten, 750 Meter Schutz zu gewähren. Diese Angebot wurde erst gar nicht an den Kreis weiter gereicht. Vollkommen absurd. Somit mussten Alternativen her.
Solch ein Amphibienzaun besteht aus langen Kunststoffbahnen, Metallspießen, die ihn aufrecht halten und zudem aus den Fangeimern. Die Folie haben wir nun ersatzweise aus der Werbeindustrie besorgen können. Es sind nicht mehr aktuelle Riesenposter, wie man sie aus den Großstädten kennt, die uns ein lokaler Marktführer kostenfrei zur Verfügung gestellt hat. Diese Poster sind bis zu 20-30 Meter groß und wurden von uns mit Hilfe der Jugendgruppe vom SOS-Kinderdorf in Bahnen von 60 cm Breite zurecht geschnitten. Hört sich einfach an, bedeutet aber: Zentnerschwere Plastikballen ausrollen, bei Minusgraden glatt zerren, messen, markieren, Schnittkanten anlegen, 500 Meter auf Knien rutschen, Bahnen zurecht schneiden und anschließend aufrollen und beschriften.
Für die Metallspieße hatten wir einen Lieferanten gefunden, der diese auch einzeln liefert und dessen Konzept uns funktionsfähig erschien. Die Kosten hierfür haben wir dann an den Kreis weiter gegeben, der diese bereitwillig übernommen hat. Fehlten noch die Eimer. Die haben wir uns bei den lokalen Baumärkten abholen dürfen. Beide Gelderner Märkte haben ohne Murren die Aktion unterstützt.
Den Aufbau des Zauns wickelte Haus Freundenberg mit seiner freundlichen Truppe im Auftrag des Kreises für uns ab. Die Zusammenarbeit der verschiedenen Instanzen hat in diesem Jahr perfekt funktioniert. Dazu gehört natürlich auch die Stadt Geldern. Die Unweltbeauftragte der Stadt und der Bauhof mussten die Verwendung der Materialien erst absegnen. Bei einem Termin vor Ort war man sich aber sehr flott einig.
Mit den Bemühungen in diesem Jahr wurde am Holländer See erstmals ein umfassender Schutzzaun beidseitig der Kreisstraße aufgebaut, der zudem auch noch die Zufahrt vom Sportplatz abdeckt. Durch den Einsatz der Folien aus wiederverwendetem Material bleib dem Steuerzahler im Kreis Kleve eine Investition in fünfstelliger Höhe erspart. Zudem wird die Umwelt geschont, weil hier sinnvolles Recycling betrieben wurde. Mit Kunststoffabfall, der ansonsten teuer entsorgt werden muss, wird nunmehr Artenschutz betrieben. Eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten.
So gut alles gelaufen ist, gibt es ein verbliebenes Ärgernis. Die durchgängig hohe Bordsteinkante auf der Westseite der K40 bewirkt, dass die erste Reise der Jungtiere beim Verlassen des Gewässers schon nach 15 Metern dort an der hohen Kante wieder endet. Es wird zwingend nötig werden dort in regelmäßigen Abständen die Bordsteinkante abzusenken. Eine Aufgabe für die Zeit nach der Wanderung.
Am Ende die Bitte an euch alle: Wenn ihr mit euren Autos in Gewässernähe gelangt, fahrt bitte langsam oder meidet die Wege wenn möglich gänzlich. Ortskundige wählen besser eine andere Route. Eine Kröte oder ein Frosch sterben nicht nur durch den Reifenkontakt. Es reicht aus, sie mit mehr als 20 km/h zu passieren. Die Druckwelle haut den Tieren das Innere nach außen. Wenn kein Frost mehr kommt, ist der Spuk in 3 Wochen vorbei.
Dem Team vom SOS-Kinderdorf und Haus Freudenberg gilt unser dicker Dank. Schön euch zu haben! Es hat Spaß gemacht mit euch zusammen zu arbeiten. Zudem verneigen wir uns vor dem ehrenamtlichen Sammlerteam, das jeden Morgen und jeden Abend bei jedem Wind und Wetter oder auch in frostiger Nacht die Eimer auf amphibische Wanderer absucht. Toll, dass es euch gibt!